Kann Ihr Dienstherr einem Kollegen eine bestimmte Tat nicht nachweisen, hat er aber einen begründeten Tatverdacht gegen Ihren Kollegen, dann kann er eine Verdachtskündigung aussprechen. Ein begründeter Tatverdacht besteht aber laut Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm nicht schon deswegen, weil Ihr Dienstherr viel Geld verloren hat (14.8.2017, Az. 17 Sa 1540/16).
Am 27.5.2015 wurden bei der Deutschen Bundesbank 115.000 € in 50-€-Scheinen zu einer Bankfiliale auf den Weg gebracht. Das Geld wurde vor laufender Kamera in ein anschließend verplombtes Geldpaket gepackt und mit einem ständig überwachten Geldtransporter ans Ziel gebracht – die ordernde Bank. Eine Mitarbeiterin der Bank nahm das Paket um 9.40 Uhr entgegen. Sie öffnete es etwa 20 Minuten später und fand – Babynahrung und Waschmittel.
Anzumerken ist, dass die Arbeitnehmerin mit dem Öffnen des Geldpakets gegen das in der Bank geltende „4-Augen-Prinzip“ verstoßen hatte. Denn solche Geldpakete dürfen nur mit einem Kollegen zusammen geöffnet werden. Diesen holte sie nach dem Öffnen des Pakets zwar dazu und befolgte auch seinen Rat, sofort die Polizei einzuschalten, geriet aber im Lauf der internen Ermittlungen später selbst in Tatverdacht. Ihr privates Konto: überzogen. Ehemann: länger arbeitsunfähig. Die Polizei begann zu ermitteln.
2 Hausdurchsuchungen förderten 2.200 € Bargeld zutage. Dazu in einem Bankschließfach 3 Umschläge mit der Aufschrift „Mama“, dem Namen einer Tochter und dem eigenen Vornamen mit insgesamt 40.000 €. Doch dieses Geld stammte nach Ermittlungen des Landeskriminalamts nicht aus dem Geld der Bundesbank. Trotzdem sprach die Bank eine Verdachtskündigung aus – außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Hiergegen klagte die seit 25 Jahren in der Bank beschäftigte Arbeitnehmerin.
Und sie gewann. Denn das LAG Hamm entschied: Sowohl die fristlose als auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung ist unwirksam. Der Verdacht reicht einfach nicht für eine Kündigung aus. Immerhin hat die Staatsanwaltschaft auch ein Jahr nach dem mysteriösen Geschehen noch keine Strafanzeige erstattet. Dass es für die Sparkasse nach eigener Aussage „nur schwer vorstellbar gewesen sei, wie das Geld sonst weggekommen sein könnte“, ist zu schwach als Argument für eine Verdachtskündigung bzw. um „die Täterschaft der Mitarbeiterin sehr, sehr naheliegen zu lassen“, so die Richter.
Eine Verdachtskündigung ist zu Recht nur schwer durchzusetzen. Ihr Dienstherr muss hier einen konkreten und dringenden Tatverdacht darlegen können. Ist dies nicht möglich, muss die Kündigung scheitern. Dies sollten Sie auch immer bei Ihrer Anhörung zur Kündigung bedenken.
Hat sich Ihr Dienstherr zur fristlosen Verdachtskündigung entschlossen, dann prüfen Sie als Personalrat deren Voraussetzungen nach der nachfolgenden Checkliste. Wenn Sie alle Punkte abhaken können, dann hat die Kündigung Aussicht auf Erfolg. Ihr Kollege sollte sich dann darauf einstellen, dass er seine Arbeitsstelle verlieren könnte.
Besonders wichtig bei der Verdachtskündigung ist die Anhörung des Beschuldigten Kollegen. Dieser muss sich ja verteidigen dürfen. Der Dienstherr muss ihm also ganz genau eröffnen, was ihm zur Last gelegt wird, und ihn dazu Stellung nehmen lassen. Eventuell – das wäre jedenfalls der Idealfall – lässt sich so schon der Verdacht ausräumen und die Kündigung wird überflüssig.
Wird Ihr Kollege nicht angehört, dann ist die Kündigung schon allein aus diesem Grunde unwirksam. Prüfen Sie bei Ihrer Anhörung also insbesondere die Anhörung des Kollegen