12.08.2009

Ihr Arbeitgeber darf Sie nicht uneingeschränkt überwachen

Ihr Arbeitgeber darf Ihre Leistung und Ihr Verhalten kontrollieren. Aber in Grenzen – und die setzt das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

So ist die Rechtslage

Nach § 87 Absatz 1 Nr. 1 BetrVG gehen organisatorische Maßnahmen und Anweisungen durch Ihren Arbeitgeber in Ordnung. Er darf auch kontrollieren, ob Sie seine Anweisungen und Regeln einhalten und hierfür unter Umständen auch Technik einsetzen.
Heikel sind dabei nach § 87 Absatz 1 Nr. 6 BetrVG vor allem heimliche Kontrollen mittels technischer Einrichtungen, von denen Sie als Mitarbeiter nichts mitbekommen.

Was OK ist – und was nicht

1. Videoüberwachung

Sie ist nur in Ausnahmefällen erlaubt, beispielsweise dann, wenn Ihr Arbeitgeber einen gerechtfertigten Verdacht auf eine Straftat hegt. Verdachtsmomente können dabei z. B. sein:

  • Diebstahl,
  • Unterschlagung oder
  • Körperverletzung im Betrieb.

Aber auch dann darf Ihr Arbeitgeber Sie nicht flächendeckend überwachen. So eine Kontrolle verletzt die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter. Eine offene Überwachung – die Sie als Mitarbeiter erkennen – gilt als unbedenklich und wird von den Gerichten auch anerkannt. Ist ein Betriebsrat vorhanden, muss der Arbeitgeber diesen einschalten.

Anders und vor allem schwieriger ist die Rechtslage bei verdeckten Überwachungen.

Zwei Beispiele

a) Videokameras in den Aufenthaltsräumen der Mitarbeiter sind nicht erlaubt!

Der Grund für eine solche Überwachung kann sein, dass immer wieder große Fehlbestände im Lager bestehen und der Verdacht besteht, dass einige Mitarbeiter heimlich im großen Stil Waren verschwinden lassen.

Warum Ihr Arbeitgeber das trotzdem nicht darf:

Mit Hilfe der Videoanlage könnte Ihr Arbeitgeber beispielsweise auch registrieren, wann und wie oft Sie und Ihre Kollegen die Toilette aufsuchen oder wer mit wem möglicherweise ein Liebesverhältnis hat. Die heimliche Überwachung der Privatsphäre Ihrer Mitarbeiter ist streng verboten und würde selbst mit Zustimmung Ihres Betriebsrats verboten bleiben.

b) Videokameras im Kassenbereich an der Decke nur bei konkretem Verdacht
Ohne konkreten Verdacht ist auch dieses Vorgehen absolut rechtswidrig.

2. Detektive

Wenn Ihr Arbeitgeber den begründeten Verdacht hat, dass Sie eine Krankmeldung nur vortäuschen und tatsächlich an anderer Stelle arbeiten – beispielsweise auf der Baustelle für das eigene Haus – kann er eine Detektei beauftragen.

Warum Ihr Arbeitgeber das darf:

Ohne die Möglichkeit, einen Detektiv einzuschalten, hätte Ihr Chef kaum eine Chance, Pflichtverletzungen seiner Beschäftigten nachzuweisen. Den Betriebsrat muss er nicht um Erlaubnis fragen.

3. Ehrlichkeitskontrollen

Wenn Ihr Arbeitgeber beispielsweise mit Hilfe von Testkäufern oder -anrufern herausfinden will, wie ehrlich Sie und Ihre Kollegen sind, darf er das tun – auch ohne Zustimmung des Betriebsrats.

4. E-Mail-Kontrolle

Ihr Arbeitgeber darf Ihre E-Mails nur unter bestimmten Voraussetzungen überwachen. Er darf

  • sich den Inhalt geschäftlicher E-Mails zeigen lassen oder
  • private E-Mails generell verbieten.

Das muss er nur bekannt machen, beispielsweise durch einen Aushang. Der Inhalt privater E-Mails ist allerdings für Ihren Arbeitgeber dagegen in aller Regel tabu.
Ausnahme: Es besteht der Verdacht einer Straftat.
Diese technischen Überwachungsmaßnahmen gehen in Ordnung

  • Spam-Filter zu Ihrem Schutz und dem Ihrer Kollegen vor Belästigung oder
  • Virenscanner sowie Firewalls, um die Datennetze vor Infizierung durch Viren zu bewahren.

5. Kontrolle der Internetnutzung

Ihr Arbeitgeber darf frei entscheiden, ob er überhaupt will, dass Sie das Internet nutzen, er die Technik also einführt. Über die Ausgestaltung oder Kontrolle der privaten Nutzung entscheidet dagegen Ihr Betriebsrat mit.
Kontrollen bei der Nutzung des Internets sind dabei heikel und werden mit großer Wahrscheinlichkeit nicht vom Betriebsrat abgenickt.
Der Grund: Jeder Mitarbeiter hinterlässt beim Surfen eine breite Datenspur. Technische Einrichtungen sind bereits dann zur „Überwachung“ bestimmt, wenn sie objektiv auch nur geeignet sind, Verhaltens- und Leistungskontrollen von Mitarbeitern durchzuführen. Dabei kommt es auf die subjektive Überwachungsabsicht Ihres Arbeitgebers nicht an.

Ohne weiteres zulässig sind dagegen Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen zum Schutz vor

  • erheblichen Kosten oder
  • einer Überlastung der Datennetze, beispielsweise durch Downloads von großen Datenmengen.

Beispiele:
Ihr Arbeitgeber darf bestimmte Homepages von vornherein sperren oder
Ihren Internetzugang auf wenige, von ihm zugelassene Internetseiten beschränken.

6. Telefonkontrollen

Ihr Arbeitgeber darf

  • die gewählten Telefonnummern,
  • die Uhrzeit und
  • die Dauer der geführten Gespräche

speichern. Hierfür braucht er niemanden zu fragen.
Die Voraussetzung
Es gibt eine entsprechende Betriebsvereinbarung oder eine spezielle Regelung im Arbeitsvertrag. Eine Regelung über die Nutzung der betrieblichen Telefonanlage für Privatgespräche ist mitbestimmungspflichtig.

7. Biometrischer Fingerabdruck

Neue Techniken finden sich auch häufig bei Zugangssystemen zu Ihrem Betrieb. Mit moderner Scan-Technik werden dann Fingerabdrücke identifiziert und die Zugangsberechtigung geprüft. Wenn Ihr Arbeitgeber Sie anweist, sich in einem Kundenbetrieb der dort eingerichteten Fingerabdruckerfassung zu unterziehen, muss der Betriebsrat zustimmen.

8. Anwesenheitskontrolle

Eine elektronische Zugangskontrolle ist zulässig, etwa durch Magnetkarten. Auch hierbei muss der Betriebsrat aber mitspielen.

9. Arbeitsergebnisse stichprobenartig kontrollieren

Das gilt als völlig normal und gehört zum Arbeitsalltag. Ihr Arbeitgeber muss hierfür nicht den Betriebsrat fragen.

10. Krankenrückkehrgespräche

Über die Durchführung von formalisierten Krankenrückkehrgesprächen zur Aufklärung eines überdurchschnittlichen Krankenstandes nach vorgegebenen Kriterien muss Ihr Arbeitgeber den Betriebsrat mitbestimmen lassen.

11. Polizei im Betrieb

Leitet Ihr Arbeitgeber wegen der Aufklärung einer Straftat einen Polizeieinsatz ein, muss er den Betriebsrat nicht um Erlaubnis bitten.

12. Tor- und Taschenkontrollen

Tor- und Taschenkontrollen darf Ihr Arbeitgeber vornehmen lassen – muss allerdings den Betriebsrat mitbestimmen lassen.

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