Die Corona-Krise hält uns weiter auf Trapp. Nachfolgend erhalten Sie weitere Fragen & Antworten, die unsere Redaktion von Ihnen, unseren Kunden aus den Mitbestimmungspublikationen erhalten haben.
Kann der Arbeitgeber in der jetzigen Situation anordnen, dass die Vertriebsmannschaft 50% arbeiten soll und 50% in Urlaub gehen? Ist das so in Ordnung oder müsste der Arbeitgeber in einem Großhandelsunternehmen mit über 350 Mitarbeitern auch ein Kurzarbeitsmodell entwickeln?
Antwort:
Nachdem das BurlG solche 50% Modelle nicht kennt, sollte er auf alle Fälle erstmal die staatlichen Instrumente wie Kurzarbeit bemühen. 350 Personen sind ja auch kein Pappenstiel!
Bei uns in der Kirchengemeinde sind viele verunsichert und wissen nicht, wie und ob die unterschiedlichen Dienste noch ausgeführt werden müssen. Dazu einige Fragen:
Antwort:
Eine Frage habe ich momentan zu Selbständigen und Freiberuflern: Wenn Bsp. eine Gaststätte schließen muss, gibt es Möglichkeiten für den Selbständigen (nicht für die Angestellten im Unternehmen, da kann man dann KUG beantragen) Unterstützung zu beantragen für den Übergang, um das „Überleben“ zu sichern?
Antwort:
Ja, die gibt es. Der Selbstständige kann sich z.B. an das Finanzamt wenden, hier gibt es derzeit großzügige Steuerstundungen, und auch Rettungsschirme der Kommunen, zinslose Darlehen. Er soll sich bitte an seine Kommune wenden, die haben alle Rettungsschirme parat.
Unser Hauptamtsleiter hat in einer E-Mail eine Vorlage zur Stundenerfassung verschickt, in dem die Mitarbeiter, die im Home-Office sind, eintragen sollen, was sie gemacht haben und in welcher Zeit. In unserer Verwaltung ist es im Moment so geregelt, dass pro Raum nur noch ein Mitarbeiter anwesend sein soll. Alle anderen Mitarbeiter haben die Anweisung vom Bürgermeister erhalten, zu Hause zu bleiben und sich abzusprechen, wer, wann in der Verwaltung arbeitet bzw. zu Hause bleibt. Inwieweit bzw. unter welchen Voraussetzungen kann eine solche Zeiterfassung verlangt werden, wenn der Arbeitgeber sagt, die Mitarbeiter sollen zu Hause bleiben?
Antwort:
Ich sehe kein Problem in der Anordnung, denn Ihr Arbeitgeber muss ja auch kontrolliere, was im Home-Office passiert und auch ersehen können, ob sie z.B. Überstunden oder Minusstunden machen. Auch vom Home-Office aus hat man die volle Arbeitspflicht.
Wir sind eine Gemeindeverwaltung. Unser Bürgermeister hat ab morgen Schichtbetrieb angeordnet. 1 Woche arbeiten, 1 Woche daheim bleiben. Regelung: Wer Überstunden hat, muss diese abbauen. Wer keine Überstunden hat, bekommt Sonderurlaub. Wer im Urlaub ist, muss arbeiten kommen, bekommt aber seinen Urlaub gutgeschrieben und kann diesen später abfeiern. Ich habe über 50 Überstunden, da wir mehr als ein halbes Jahr unterbesetzt waren. Ich muss in der Woche, in der ich nicht arbeite und Überstunden nehmen muss, ständig erreichbar sein. Wo ist das gerecht?
Antwort:
Das geht nicht, da haben Sie Recht. Rufbereitschaft kann keine Überstunden abbauen, da sollten Sie noch mal mit Ihrem Arbeitgeber reden. Abbau von Überstunden heißt Freizeit, wie Urlaub eben.
Bin ich verpflichtet, trotz ärztlichem Attest Spätschicht zu arbeiten? Zu meiner Geschichte, bis 2018 habe ich im 3 Schichtsystem gearbeitet (früh-spät-Nacht) im Juni 2018 bekam ich die Diagnose hochaktive MS. Mir wurden 2 Atteste ausgehändigt, die von Spät- und Nachtschicht abraten. Seitdem habe ich auch keine Schicht mehr gearbeitet. Nun wurden in unserem Unternehmen die ersten Mitarbeiter positiv auf Corona getestet. Daraufhin wurden 2 Gruppen gebildet.
D.h. jeder von uns, egal ob jung oder alt / gesund oder krank muss Schicht arbeiten, auch ich. Jetzt haben wir Mittwoch und ich habe bereits zwei Spätschichten absolviert mit den Folgen, dass ich mich kaum noch auf den Beinen halten kann, unglaublichen verschwommen sehe und Kopfschmerzen habe. Wie sieht meine Rechtslage aus? Muss ich wirklich spät arbeiten? Ich habe eine GBD von 30 und eine Gleichstellung beim Arbeitgeber.
Antwort:
Das müssen Sie nicht. Ihr Arbeitgeber hat, auch Ihnen gegenüber, eine Fürsorgepflicht und muss sich an ärztliche Anordnungen halten, gerade bei MS – das ist ja auch eine schwere Erkrankung. Wir müssen Corona alle unseren Tribut zollen, aber es ist ja bei allen Maßnahmen auch oberste Priorität, dass Vorerkrankte geschützt werden. Dazu zählen auch Sie! Ihr Arbeitgeber gewinnt ja nichts, wenn es Ihnen jetzt schon so schlecht geht, dann fallen Sie eh bald ganz aus! Das klingt hart, ich weiß – aber es ist doch so. Er treibt sie in die berechtigte AU!
Eine Kollegin von uns möchte gerne Ihre Tochter mit auf die Arbeit nehmen, da Sie keine Betreuung gefunden hat und Ihre Überstunden bereits anderweitig verplant hat. Ist dies möglich, Kinder mit an den Arbeitsplatz zu nehmen?
Antwort:
Hier muss ich mit einem klaren NEIN antworten. In normalen Zeiten wäre das m.E. ok, aber nicht in Zeiten dieser hochansteckenden Krankheit. Was für einen Sinn hätte es, Kitas und Schulen zu schließen, wenn man dann die Kinder mit auf die Arbeit nimmt? Das Problem ist, dass sich Corona bei Kindern meist gar nicht bemerkbar macht, trotz Infektion. Übertragen können Sie die Krankheit trotzdem. Mit der Mitnahme würde man den Bock zum Gärtner machen! Ich verstehe Ihre Kollegin, aber das geht im Moment nicht.
Wie verhält sich das, wenn ich in der Zeit der Kurzarbeit erkranke, bekomme ich den vollen Lohnausgleich vom Arbeitgeber?
Antwort:
Nein, nur in Höhe des Kurzarbeitergeldes. Das wäre ja sonst eine Methode, um während der Kurzarbeit volles Gehalt zu bekommen.
Bei der Mitbestimmungspflicht Kurzarbeit und Abbau von Überstunden würde ich gern wissen, wie kurzfristig könnte der Arbeitgeber mit diesem Thema auf den BR zukommen und wie schnell kann hierbei geantwortet werden, unter Einhaltung möglicher Zeiten. Beschließt das der ganze BR, oder wie verhalten wir uns richtig?
Zurzeit ist es so, was gestern gesprochen wurde ist heute schon wieder überholt. Mitunter muss sofort gehandelt werden. Müssen immer erst alle Ü-Stunden abgeräumt werden, ehe Kurzarbeit kommen darf? Gibt es eine Empfehlung oder Textmodul für die Mitarbeiter, wie sie entsprechend informiert werden, da keine BV spontan anberaumt werden kann?
Antwort:
Kommt der Arbeitgeber mit der Bitte um Kurzarbeit/Überstundenabbau auf Sie zu, muss das ganze Gremium darüber beraten. In diesen Zeiten würde ich sagen, wäre die Beratung so schnell wie möglich durchzuführen. Wenn möglich, sollten Sie im Gremium diesen Fall schon mal durchspielen und sich überlegen, wie sie sich zu Abbau von Überstunden und Kurzarbeit positionieren.
Grundsätzlich müssen alle Überstunden abgeräumt werden, allerdings wurden die Kurzarbeiterregelungen erheblich gelockert – eine Nachfrage bei Ihrer Arbeitsagentur vor Ort kann hier helfen. Einen Baustein für die Kollegen habe ich nicht, ich empfehle aber mit offenen Karten zu spielen. Das erzeugt Verständnis.