09.08.2011

Fristlose Kündigung trotz Betriebsratstätigkeit

Der besondere Kündigungsschutz, den Mitglieder des Betriebsrats nach genießen, erstreckt sich nicht auf außerordentliche Kündigungen. Mitglieder des Betriebsrats können deshalb wie alle anderen Arbeitnehmer auch fristlos gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.

Die außerordentliche Kündigung von Betriebsräten wiederum richtet sich nach .

Danach ist Voraussetzung, dass

  • wie bei jeder anderen außerordentlichen Kündigung auch ein wichtiger Grund für die Kündigung vorliegt, der die Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses unzumutbar macht (Beispiel: Betrug, Unterschlagung, Diebstahl), und
  • die Zustimmung des Betriebsrats/Gremiums zur Kündigung (§103 Abs. 1 BetrVG) vorliegt.

Beachten Sie: Der besondere Schutz nach §103 Abs. 2 BetrVG bei außerordentlichen Kündigungen endet mit dem Amt. Das heißt: Eine Nachwirkung wie bei einer ordentlichen Kündigung ist nicht vorgesehen.

Wie schnell Sie als Betriebsrat reagieren müssen

Informiert der Arbeitgeber Sie über eine geplante außerordentliche Kündigung, haben Sie als Betriebsrat 3 Tage nach Eingang des Antrags Zeit zu reagieren.

Beachten Sie: Ihre Zustimmung zu der außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds kann nicht nachträglich eingeholt werden. Das heißt: Eine vorher ausgesprochene Kündigung wird durch eine nachträgliche Zustimmung des Betriebsrats nicht geheilt. Sie ist trotzdem unwirksam.


Wenn Sie als Betriebsrat nicht reagieren

Äußern Sie sich nicht oder verweigern Sie Ihre Zustimmung, kann das Unternehmen einen Antrag beim Arbeitsgericht auf Ersetzung Ihrer Entscheidung stellen (). Dabei prüft das Arbeitsgericht, ob die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Dies ist in der Regel aber nur ausnahmsweise der Fall, wenn sie als wirklich letztes Mittel notwendig ist.

Beachten Sie:
Stellt Ihr Arbeitgeber einen solchen Antrag, ist zu berücksichtigen, dass die Frist nach §626 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) weiterläuft. Danach ist eine außerordentliche Kündigung unwirksam, wenn sie nicht innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnis der Tatsachen, auf die die Kündigung gestützt wird, dem zu Kündigenden zugeht.


Was Sie als Betriebsrat beachten müssen

Das betroffene Betriebsratsmitglied darf bei der Beratung und Abstimmung über die Zustimmung bzw. Verweigerung der Zustimmung zur Kündigung nicht anwesend sein. Für diesen Fall müssen Sie das Ersatzmitglied laden.

Tipp:
Für die Begründung eines Widerspruchs sind Sie als Betriebsrat nicht auf bestimmte Gründe beschränkt. Sie müssen die Interessen der betroffenen Person und die Interessen des Gremiums berücksichtigen. Da eine fehlende Zustimmung als Verweigerung gilt, sind Sie nicht verpflichtet, Ihre ablehnende Entscheidung überhaupt zu begründen. Es ist jedoch stets sinnvoll, der Stellungnahme eine Begründung beizufügen, denn alle für den Kollegen sprechenden Aspekte werden im arbeitsgerichtlichen Verfahren besonders genau unter die Lupe genommen werden.

Und wie sieht das aus mit dem Tatbestand „Beleidigung“? Kann dieser überhaupt eine fristlose Kündigung rechtfertigen?

In diesen vier Fällen hat das Arbeitsgericht gesagt: Nein. Aber: Es gibt auch eine andere Entscheidung: So rechtfertigt die Beleidigung von Vorgesetzten als ,,Arschlöcher" eine außerordentliche Kündigung (LAG Niedersachsen, Beschluss vom 25.10.2004, Aktenzeichen: 5 TaBV 96/03). Eine außerordentliche Kündigung des Betriebsratsmitglieds kommt auch dann in Betracht, wenn es Vorgesetzte oder Arbeitskollegen verbal oder körperlich bedroht (LAG Hamm, Beschluss vom 05.03.2008, Aktenzeichen: 10 TaBV 63/07). Aber dies sind beides Fälle, die in einer ganz anderen Liga spielen…

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