25.05.2018

Betriebsvereinbarung: Vermeiden Sie Fremdenfeindlichkeit

Trotz aller Globalisierung müssen viele ausländische Kollegen immer wieder mit offenen und verdeckten Konflikten umgehen. Gerade in den vergangenen 3 Jahren, ausgelöst durch die Flüchtlingskrise, haben die Konflikte sich gehäuft. In vielen Betrieben gibt es Arbeitnehmer, die ausländische Kollegen anfeinden. An der Gesinnung solcher Kollegen wird Ihr Arbeitgeber meist nichts ändern können. Er ist auch nicht verpflichtet, die Kollegen umzuerziehen. Aber: Er hat eine Fürsorgepflicht gegenüber allen Arbeitnehmern.

 

Diese Pflicht umfasst auch, dass er seine Arbeitnehmer – ausländische wie deutsche – vor fremdenfeindlichen Äußerungen und Handlungen jeglicher Art sowie vor rassistischen Äußerungen und Übergriffen schützt. Sie als Betriebsrat können ihn dabei aktiv unterstützen.

Die Pflichten Ihres Arbeitgebers sind übrigens auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verankert. Er ist dazu berechtigt und verpflichtet, gegen fremdenfeindliche Diskriminierungen im Betrieb vorzugehen. Bei groben fremdenfeindlichen Verstößen (wie beispielsweise Straftaten) muss er sogar zur Kündigung greifen.

Ihre Möglichkeiten der Einflussnahme: Maßnahmen gegen Missstände beantragen

§ 80 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) räumt Ihnen als Betriebsrat ein Antragsrecht zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ein. Danach dürfen Sie Maßnahmen gegen solche Missstände im Betrieb beantragen. Es ist Ihre Aufgabe, die Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb sowie das gute Verhältnis zwischen ihnen und den deutschen Beschäftigten zu fördern.

Tipp: Betriebsvereinbarung ist sinnvoll

Am besten schließen Sie mit Ihrem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung zur Vermeidung von Fremdenfeindlichkeit.

Ihre Aufgabe als Betriebsrat ist es auch, zusammen mit Ihrem Arbeitgeber zu überwachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit gleichbehandelt werden. Das heißt, dass vor allem jede Benachteiligung von Personen aus Gründen der Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleiben muss (§ 75 Abs. 1 BetrVG).

Haben Sie fremdenfeindliche Gesinnungen bereits bei der Einstellung im Blick

Ihre Möglichkeiten, Ansätze von Ausländer- oder Fremdenfeindlichkeit zu unterbinden, sind umfassend: Beschäftigt Ihr Arbeitgeber mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer, hat er Sie nach § 99 Abs. 1 BetrVG vor jeder Einstellung, Umsetzung, Versetzung oder Eingruppierung zu beteiligen. Er benötigt zu der personellen Maßnahme Ihre Zustimmung.

Erteilen Sie Ihre Zustimmung nicht, muss er diese vom Gericht ersetzen lassen bzw. die Einigungsstelle anrufen. Die Maßnahme kann er zunächst nicht durchführen.

Ihre Zustimmungsverweigerungsgründe sind in § 99 Abs. 3 BetrVG geregelt. Insoweit sollten Sie vor allem an § 99 Abs. 3 Nr. 6 BetrVG denken. Danach können Sie die Zustimmung verweigern, wenn die Gefahr besteht, dass ein Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch eine grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 BetrVG enthaltenen Grundsätze, vor allem durch eine rassistische und fremdenfeindliche Betätigung, stört.

Im Zweifel: Versetzung verlangen

Auch das kommt vor: Einige Arbeitnehmer entwickeln im Laufe der Jahre eine Art Fremdenfeindlichkeit. Nimmt dies überhand, können Sie von Ihrem Arbeitgeber die Entfernung oder Versetzung betriebsstörender Kollegen verlangen (§ 104 BetrVG). Der Anspruch kommt allerdings nur zum Tragen, wenn der Betriebsfrieden wiederholt und ernstlich gestört wurde. Am besten ist, wenn es gar nicht so weit kommt. Werden Sie mit einer Betriebsvereinbarung präventiv tätig. Integrieren Sie darin auch einen Verhaltenskodex.

Muster-Betriebsvereinbarung: Vermeidung von Diskriminierungen und Förderung der Chancengleichheit

Zwischen der Geschäftsleitung der … (Name des Unternehmens)

und dem Betriebsrat der … (Name des Unternehmens)

wird zur Beseitigung von Diskriminierungen und zur Förderung der Gleichbehandlung aller ausländischen Belegschaftsmitglieder folgende Betriebsvereinbarung geschlossen:

Präambel

Da das Zusammenarbeiten von unterschiedlichen Belegschaftsmitgliedern nicht immer ohne Probleme verläuft, wollen die vertrags- schließenden Parteien mit dieser Betriebsvereinbarung die Gleichbehandlung fördern.

§ 1 Geltungsbereich

Die Betriebsvereinbarung gilt für alle Beschäftigten der … (Name des Unternehmens) sowie für alle Bereiche der … und inhaltlich für alle Maßnahmen bei der Auswahl und Behandlung der Beschäftigten.

§ 2 Durchführung einer betrieblichen Chancengleichheit

Zur Förderung eines konfliktfreien Miteinanders im Unternehmen ist besonderer Wert auf die Rechte und Pflichten eines jeden Mitarbeiters zur Gleichbehandlung der anderen Belegschaftsmitglieder zu legen. Sie gelten vor allem im Hinblick auf personelle und soziale Angelegenheiten und die Berufsausbildung.

Zudem verpflichtet sich die Unternehmensleitung, in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat folgende Maßnahmen einzuleiten:

  • Die Unternehmensleitung unterrichtet die Beschäftigten umgehend über den Inhalt der Betriebsvereinbarung
  • Es wird eine paritätisch besetzte Kommission aus Vertretern des Arbeitgebers und des Betriebsrats gebildet, der die Erledigung der Aufgaben obliegt, die sich aus dieser Betriebsvereinbarung ergeben. Durch diese Kommission werden die Fortschritte, die bei der Umsetzung der zur Chancengleichheit festgelegten Ziele zu verzeichnen sind, überwacht und die bestehenden Defizite festgestellt.

§ 3 Verstöße gegen interne Gleichbehandlungsgrundsätze

Die vertragsschließenden Parteien werden im Rahmen ihrer Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Belegschaft und ggf. auf Dritte einwirken, Verstöße gegen die Maßnahmen in § 2 dieser Vereinbarung zu verhindern oder zu beseitigen. Soweit ein konkreter Verstoß gegen die Gleichbehandlungsgrundsätze vorliegt, werden die vertragsschließenden Parteien entsprechend ihrer Zuständigkeit die hierfür gebotene Reaktion im Rahmen der betrieblichen Ordnungsmaßnahmen einleiten.

Der Betriebsrat bietet diskriminierten Belegschaftsmitgliedern Beratung und Unterstützung an. Soweit erforderlich kann er hierzu eine besondere Vertrauensperson benennen; die diskriminierten Personen können diese hinzuziehen oder sich durch sie vertreten lassen.

Zudem hilft der Betriebsrat diskriminierten Personen, ein Verfahren nach § 13 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) einzuleiten.

§ 4 Beschwerderecht

Sollte eine persönliche Zurechtweisung im Einzelfall erfolglos bleiben, hat der Betroffene die Möglichkeit, sich bei seinem betrieblichen Vorgesetzten oder dem Betriebsrat zu beschweren. Er muss seine Beschwerde unverzüglich, spätestens eine Woche nach Kenntnis des Vorfalls, einreichen.

Die Vorschriften in §§ 84, 85 Betriebsverfassungsgesetz über das allgemeine Beschwerderecht bleiben unberührt. Ausländische Arbeitnehmer, die sich benachteiligt oder diskriminiert fühlen, haben zudem die Möglichkeit, nach § 13 AGG eine Diskriminierung geltend zu machen.

§ 5 Vertraulichkeit

Über die Informationen und Vorkommnisse, persönliche Daten und Gespräche ist absolutes Stillschweigen gegenüber Dritten zu bewahren, die nicht am Verfahren beteiligt sind.

§ 6 Maßnahmen

Die Unternehmensleitung kann im Einzelfall angemessene betriebliche Maßnahmen – wie Abmahnung oder Kündigung – ergreifen. Die Durchführung erfolgt in Abstimmung mit dem Betriebsrat.

§ 7 Schlussbestimmungen

Die Betriebsvereinbarung tritt am … in Kraft. Sie kann mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende des Kalenderjahrs gekündigt werden. Wird die Betriebsvereinbarung gekündigt, wirkt sie bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung zum Thema fort.

Ort, Datum … Unterschriften

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