20.04.2018

Diskriminierende Stellenausschreibung

Wenn Sie einmal die Tageszeitung durchschauen, werden Sie immer wieder Anzeigen finden, in denen diskriminierende Formulierungen auftauchen. So auch in einem Fall, mit dem sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln in seiner Entscheidung vom 18.5.2017 (Az. 7Sa 913/16) zu beschäftigen hatte.

Der Fall: Ist die Formulierung „Frauen an die Macht“ diskriminierend? Ein Autohaus wollte sein Stammpersonal mit Verkäuferinnen aufstocken und schaltete auf seiner Website folgende Anzeige: „Zur weiteren Verstärkung unseres Verkaufsteams suchen wir eine selbstbewusste, engagierte und erfolgshungrige Verkäuferin.“ Diese Anzeige fand sich unter der Überschrift „Frauen an die Macht!“

Mit dem Betriebsrat hatte der Arbeitgeber besprochen, dass diese Anzeige als Frauenfördermaßnahme zu sehen ist. Der Betriebsrat war mit der Anzeige einverstanden.

Ein Mann hatte sich auf diese Anzeige beworben und eine Absage erhalten. Stattdessen wurde eine Frau als Verkäuferin eingestellt. Der Bewerber machte nunmehr seine Ansprüche auf Schadenersatz und Entschädigung gemäß §15 Abs. 1 und 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wegen einer Geschlechtsdiskriminierung geltend. Er wollte 3 Monatsgehälter als Entschädigung erhalten. Das Arbeitsgericht Köln hatte die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren verfolgte der Bewerber sein Anliegen dann weiter.

 

 

Die Entscheidung: Das LAG wies die Klage ab

Auch vor dem LAG Köln war der Bewerber nicht erfolgreich. Die Richter führten aus, dass er zwar wegen seines Geschlechts benachteiligt worden sei, dieses aber aufgrund der Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise gerechtfertigt sei.

Das LAG Köln berief sich hier auf § 8 Abs. 1 AGG und führte aus, dass der Arbeitgeber mit der Einstellung einer Verkäuferin den Bedürfnissen seiner Kundschaft nachkommen würde und somit auch bessere Verkäufe erzielen könne.

Weiter führte das Gericht aus: Die Erfahrung zeige, dass Autohäuser in dieser Größe häufig auch weibliche Kundschaft hätten und daher das weibliche Geschlecht in einem Autohaus repräsentiert sein müsse. Im Rahmen einer gelingenden Kommunikation im Verkaufsgespräch spiele schließlich auch das Geschlecht eine Rolle.

Der Arbeitgeber und der Betriebsrat hätten mit der auf das weibliche Geschlecht zugeschnittenen Ausschreibung das Ziel verfolgt, dass Verkauf und Serviceleistung nicht ausschließlich durch Männer angeboten würden. Das Gericht bejahte insoweit ein legitimes Ziel, ebenso wie die Tatsache, dass das Geschlecht im Rahmen der Berufsausübung eine Rolle spiele.

Was bedeutet diese Entscheidung für Sie in der Praxis?

Eine aus meiner Sicht sehr erstaunliche Entscheidung des LAG Köln. Nicht nur, dass hier gesagt wird, dass im Rahmen der Ausnahmeregelung nach § 8 AGG das Geschlecht eine wichtige Rolle bei der Berufsausübung spielt, sondern auch, dass das Gericht ausdrücklich betont, dass für das Gelingen des Verkaufsgesprächs das Geschlecht durchaus eine Rolle spielen kann.

Fazit: Begrüßenswerte Entscheidung

Aus meiner Sicht ist diese Entscheidung interessensgerecht. Mit seiner Maßnahme wollte das Autohaus Frauenförderung betreiben und hat deshalb die Stelle geschlechtsspezifisch ausgeschrieben. Insoweit war dies erlaubt und ist sachgerecht.

Empfehlung: Prüfen Sie stets genau, wenn geschlechtsspezifisch ausgeschrieben werden soll

Auch wenn diese Entscheidung ausgesprochen positiv für das Autohaus ausgegangen ist, so ist in der Regel von geschlechtsspezifischen Ausschreibungen abzuraten. Prüfen Sie immer ganz genau, ob eine geschlechtsspezifische Ausschreibung auch tatsächlich gerechtfertigt ist.

Nur wenige Gerichte werden dies derzeit so positiv beurteilen, wie es das LAG Köln getan hat. Häufig wird man eher davon ausgehen müssen, dass dies als unzulässige Diskriminierung von Männern angesehen wird. Weisen Sie in der Praxis darauf hin, dass diese Entscheidung eher eine Ausnahme ist, da mit einer geschlechtsspezifischen Ausschreibung unter Umständen immer auch die Benachteiligung des anderen Geschlechts verbunden ist.

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