28.09.2018

DSGVO: Darf der Arbeitgeber die private Handynummer verlangen?

Schon bei der Telefonnummer eines Mitarbeiters kann es schwierig werden. Da sollten auch Sie als Personalrat sich gut aus­kennen. Denn es gehört auch zu Ihren Aufgaben, die Einhaltung der Datenschutzgesetze, insbesondere der neuen Datenschutz Grundverordnung (DSGVO), zu überwachen.

Die neuen Urteile des LAG Thüringen

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Thüringen musste sich mit der Frage beschäftigen, ob der Dienstherr einen Anspruch auf Bekanntgabe der privaten Mobilfunknummer von Mitarbeitern hat (16.5.2018, Az. 6 Sa 442/17 und Az. 6 Sa 444/17).

Bei einem Dienstherrn, einem kommunalen Gesundheitsamt, gab es einen Notdienst und eine Rufbereitschaft. Der Dienstherr änderte das seit langer Zeit funktionierende System. Des­halb wollte er die private Mobilfunknummer seiner Mitarbeiter bekommen, um sie außerhalb des Bereitschaftsdienstes im Notfall erreichen zu können. Ziel der Umstellung des Rufbereitschaftssystems war es sicherzustellen, dass die Rettungskräfte die Arbeitnehmer an Werktagen in Notfällen direkt anrufen könnten. Die Auswahl des Angerufenen sollte durch das Zufallsprinzip erfolgen.

 

Arbeitnehmer nicht einverstanden

2 Mitarbeiterinnen waren damit nicht einverstanden, wehrten sich dagegen und gaben lediglich die privaten Festnetznummern an den Dienstherrn. Dieser akzeptierte das allerdings nicht und erteilte wegen der Weigerung Abmahnungen. Dagegen klagten die 2 Betroffenen und forderten den Dienstherrn auf, die Abmahnung wieder aus der Personalakte zu entfernen.

Kein Anspruch auf private Telefonnummern

Die Abmahnungen waren nicht gerechtfertigt, da das Thüringer Landesdatenschutzgesetz dem Herausgabeverlangen des Dienstherrn entgegenstand: Wenn ein Arbeitnehmer die Pflicht zur Herausgabe seiner privaten Mobilfunknummer hätte, würde dieses einen erheblichen Eingriff in das Recht der informationellen Selbstbestimmung darstellen. Dieser Eingriff muss durch ein berechtigtes Interesse des Dienstherrn gerechtfertigt sein. Insbesondere muss das Herausgabeverlangen der Mobilfunknummer angemessen sein. Und das war es hier nicht.

Ständige Erreichbarkeit wäre die Folge – und das geht nicht

Der Arbeitnehmer kann sich aufgrund der dann bestehenden ständigen Erreichbarkeit dem Arbeitgeber ohne Rechtfertigungsdruck nicht mehr entziehen. So kann er gar nicht mehr zur Ruhe kommen. Dabei kam es für die Richter nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer im Notfall überhaupt herangezogen worden wäre. Der Arbeitgeber hatte die Probleme selbst herbeigeführt und ihm standen andere Möglichkeiten zur Verfügung.

Fazit: Auch zur Absicherung eines Notfalldienstes ist ein Arbeitnehmer nicht in jedem Fall verpflichtet, dem Dienstherrn seine private Mobilfunknummer mitzuteilen.

Die rechtlichen Grundlagen der Datenerhebung

Am 25.5.2018 sind gleichzeitig die DSGVO und das neue Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in Kraft getreten. Das bedeutet für Sie als Personalrat, aber insbesondere auch für Ihren Dienstherrn, dass Sie bei der Arbeit mit personenbezogenen Daten beide gesetzlichen Vorschriften grundsätzlich gleichzeitig be­achten müssen.

Art. 88 Abs. 1 DSGVO erlaubt den Mitgliedstaaten, durch Rechtsvorschriften oder Kollektivvereinbarungen spezifischere Vorschriften zum Schutz der Rechte und Freiheiten für personenbezogene Beschäftigtendaten im Beschäftigungskontext zu schaffen. Dies ist durch die Neuregelung des § 26 BDSG geschehen. Die Vorschrift ersetzt den alten § 32 BDSG, ergänzt ihn aber auch.

Erlaubnis erforderlich

Nach der Gesetzeslage gilt als wichtigster Grundsatz im Beschäftigtendatenschutz das „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“. Das heißt: Das Erheben, Speichern und Verarbeiten von Daten der Mitarbeiter sind grundsätzlich verboten. Aber es gibt Aus­nahmen.

§ 26 Abs. 1 BDSG legt fest, dass personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses ver­arbeitet werden dürfen, wenn dies erforderlich ist

  1. für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder dessen Durchführung oder
  2. für die Beendigung einer Beschäftigung oder
  3. zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs-­ oder Dienstvereinbarung ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten oder
  4. zur Aufdeckung von Straftaten, dann muss für eine Datenerhebung aber ein konkreter Verdacht bestehen.

Eine weitere Möglichkeit zur Datenerhebung ist eine freiwillige schriftliche Einwilligung der Mitarbeiter. Dann muss Ihr Dienstherr Ihre Kolleginnen und Kollegen aber auch über ein Widerrufsrecht zur Einwilligung aufklären.

Der zentrale Punkt

Ihr Dienstherr darf also mit den Daten Ihrer Kolleginnen und Kollegen arbeiten, die für die Durchführung seiner Aufgaben erforderlich sind. Was genau „erforderlich“ ist, sagt der Gesetzestext allerdings nicht.

Zahlreiche Fälle sind durch die Gerichte geklärt. Danach und nach dem Gesetz ist unbestritten, dass Stammdaten von Arbeitnehmern erhoben werden dürfen.
Zu diesen Stammdaten gehören:

  • Name und Adresse
  • Kontoverbindung
  • Steuerklasse
  • Krankenkasse, Rentenversicherungsnummer
  • Angaben zur Ausbildung und zu Qualifikationen
  • Daten zur Arbeitszeiterfassung

Bei der Telefonnummer, der Mobilfunknummer und der E-­Mail­-Adresse wird es schwieriger. Fangen wir mit dem Einfachsten an: Die E-­Mail­-Adresse ist in den allermeisten Beschäftigungsverhältnissen nicht zwingend erforderlich, sodass der Dienstherr eine besondere Einwilligung des Arbeitnehmers be­nötigen wird.

Bei der Telefonnummer und der Mobilfunknummer wird Gleiches gelten müssen. Die Bekanntgabe der Nummern führt dazu, dass der Arbeitnehmer für den Dienstherrn ständig erreichbar ist. Genau das wollen die Gesetze aber verhindern. Somit wird davon auszugehen sein, dass der Dienstherr auch dafür eine besondere Einwilligung des Arbeitnehmers benötigt. Aber: Der Arbeitnehmer muss die Einwilligung nicht erteilen!

Diese Ausnahmen gibt es

Die vorbezeichneten Grundsätze zur Telefonnummer und Mo­bilfunknummer gelten eben nur grundsätzlich und es gibt si­cherlich eine Vielzahl von Ausnahmen. Die gelten immer dann, wenn die Interessen Ihres Dienstherrn höher zu bewerten sind  als die des Kollegen.

Der Dienstherr ist auskunftspflichtig

Als „Verwerter“ von Mitarbeiterdaten gelten für Ihren Dienstherrn die in der DSGVO festgelegten Grundregeln der Transparenz für die Arbeit mit allen personenbezogenen Daten. Das bedeutet: Er ist verpflichtet, jedem betroffenen Kollegen im Vorfeld einer Datenerhebung Auskunft zu geben über den Zweck der Datenverarbeitung, Verantwortliche und Beteiligte, Dauer und sein Recht zur Berichtigung. Die Auskünfte müssen in präziser, verständlicher, leicht zugänglicher Form und einer einfachen sowie klaren Sprache erfolgen.

So muss eine Einwilligung aussehen
­

Die Einwilligung sollte für jeden Fall individuell formuliert wer­den. Stets ist folgender Inhalt verpflichtend:

  • die eindeutige Aussage des Mitarbeiters, dass er einwilligt: „Ich willige ein …“
  • die genaue Angabe, um welche Daten es geht
  • eine Beschreibung, wie die Daten verwendet werden
  • die Aufklärung des Arbeitnehmers, dass er jederzeit berechtigt ist, um umfangreiche Auskunftserteilung zu den gespeicherten Daten zu ersuchen, und er die Berichtigung, Löschung und Sperrung einzelner Daten verlangen kann
  • eine Widerrufsbelehrung darüber, dass der Arbeitnehmer jederzeit ohne Angabe von Gründen von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen und die erteilte Einwilligungserklärung abändern oder widerrufen kann
  • eindeutige Angaben dazu, wie der Mitarbeiter widerrufen kann (auf Papier, per E­Mail)

So könnte eine Einwilligung formuliert werden:

Muster: Einwilligung in die Datenerhebung

 

Ich, Doris Adelmann, willige ein, dass mein Dienstherr meine Mobilfunknummer erhält, speichert und verarbeiten kann.

Die Daten werden nur behördenintern gespeichert und nicht an Dritte weitergegeben, auch nicht an Server, die außerhalb der EU stehen.

Die folgenden Rechte habe ich:

Ich bin nach § 34 BDSG jederzeit berechtigt, gegenüber meinem Dienstherrn um umfangreiche Auskunftserteilung zu den von mir gespeicherten Daten zu ersuchen.

Nach § 35 BDSG kann ich jederzeit gegenüber meinem Dienstherrn die Berichtigung, Löschung und Sperrung einzelner personenbezogener Daten verlangen.
Ich kann darüber hinaus jederzeit ohne Angabe von Gründen von meinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen und die erteilte Einwilligungserklärung mit Wirkung für die Zukunft abändern oder gänzlich widerrufen. Ich kann dabei den Widerruf entweder postalisch, per E-Mail oder per Fax an meinen Dienstherrn übermitteln.

Ort, Datum …

Unterschrift Doris Adelmann

Auf welche Informationen hat Ihr Dienstherr Anspruch?

 

1. Pflichtinformationen

Diese Informationen zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses müssen Arbeitnehmer dem Dienstherrn geben (nicht zu verwechseln mit Bewerbungsgesprächen!):

  • Adresse
  • Kontoverbindung
  • Steuerklasse
  • Krankenkasse und Krankenkassennummer
  • Rentenversicherung und Rentenversicherungsnummer
  • Geburtsdatum
  • Staatsangehörigkeit
  • bei Nicht­-EU­-Ausländern: Arbeitserlaubnis
  • Angaben zur Ausbildung
  • Informationen zu Qualifikationen
  • Daten zur Arbeitszeiterfassung
  • bei 450­€­-Minijobbern: weitere Beschäftigungsverhältnisse

2. Informationen nur mit besonderer Einwilligung, sofern nicht ausnahmsweise zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses zwingend erforderlich

  • Telefonnummer
  • Mobilfunknummer
  • E­-Mail­-Adresse

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