Es kann für einen Arbeitnehmer durchaus attraktiv sein, ein Personalgespräch heimlich aufzunehmen. Von dieser Idee sollte er aber Abstand nehmen. Vor allem sollten Sie als Personalrat auf einen solchen Mitschnitt nicht zurückgreifen, wenn er Ihnen von einem Kollegen angeboten wird. Denn die heimliche Aufnahme eines Personalgesprächs ist nicht nur aus datenschutzrechtlichen Gründen verboten. Der Kollege riskiert dadurch vielmehr auch eine Kündigung. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz im Fall eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) entschieden (3.2.2016, Az. 7 Sa 220/15):
Eine Frau hatte eine 3-jährige Ausbildung bei der Bundesagentur für Arbeit zur Fachangestellten für Arbeitsförderung absolviert, und zwar bis zum 27.6.2013. Während ihrer Ausbildung war sie wiederholt kurzzeitig erkrankt. Im Oktober 2012 bot die Bundesagentur für Arbeit ihr die Durchführung eines BEM an, ebenso im Dezember 2012 und Januar 2013. In der Zeit vom 12.3.2013 bis zum 24.4.2013 führte die Auszubildende eine medizinische Reha-Maßnahme der Deutschen Rentenversicherung durch.
Im Anschluss an ihre Ausbildung wurde ihr mit Schreiben vom 27.6.2013 eine Tätigkeit in der Kindergeldstelle in der Agentur für Arbeit übertragen, und zwar mit einem bis zum 27.6.2015 befristeten Arbeitsvertrag in Vollzeit. Ab dem 28.6.2013 war die Frau dann wieder arbeitsunfähig erkrankt. Der behandelnde Arzt schlug daraufhin am 28.8.2013 eine Wiedereingliederungsmaßnahme vor. Es wurde ein Wiedereingliederungsplan erstellt, dem sämtliche Beteiligten zustimmten. Die Wiedereingliederung startete dann am 2.10.2013.
In der Zeit nach dem 2.10.2013 gab es verschiedene Gespräche zwischen dem Leiter der Familienkasse und der Arbeitnehmerin, unter anderem, weil es unterschiedliche Ansichten hinsichtlich der Arbeitsausführung und des Beginns der täglichen Arbeitszeit gab. In diesem Zusammenhang ordnete der Arbeitgeber an, dass Arbeitsbeginn um 8 Uhr sei.
Als die Beschäftigte am 9.10.2013, also wenige Tage nach Beginn der Wiedereingliederung, um 9.30 Uhr zur Arbeit erschien, wurde sie zu einem Personalgespräch geladen. Sie schnitt dabei den 2. Teil des Gesprächs auf ihrem Smartphone heimlich mit. Nach dem Gespräch notierte der Arbeitgeber, dass die Wiedereingliederungsmaßnahme in beiderseitigem Einvernehmen abgebrochen worden sei.
Auch auf andere Angebote, ein weiteres BEM durchzuführen, ging die Arbeitnehmerin nicht ein. Deshalb sah sich der Arbeit- geber gezwungen, das Beschäftigungsverhältnis zu kündigen. Das tat er auch.
Die Arbeitnehmerin wehrte sich anschließend mit einer Kündigungsschutzklage. Während des Gerichtsprozesses erwähnte ihr Anwalt, dass sie heimlich Teile des Personalgesprächs aufgezeichnet hatte. Das führte dazu, dass der Arbeitgeber zunächst die Beschäftigte mit dem Vorwurf der heimlichen Aufzeichnung des Gesprächs konfrontierte und später den Personalrat beteiligte, um ihr erneut ordentlich zu kündigen. Der Personalrat stimmte der Kündigung zu.
Auch gegen diese Kündigung klagte die Arbeitnehmerin. Ihre Klage begründete sie damit, dass der Mitschnitt des Personalgesprächs erforderlich gewesen sei. Sie hätte davon ausgehen müssen, dass ihr Arbeitgeber nicht seiner prozessualen Wahrheitspflicht nachkommen und behaupten würde, sie hätte die Wiedereingliederungsmaßnahme abgebrochen.
Das LAG Rheinland-Pfalz entschied, dass die Arbeitnehmerin durch ihr Verhalten ihre Rücksichtnahmepflicht verletzt habe. Dies sei dann der Fall, wenn ein Arbeitnehmer durch sein Vorgehen in den Schutzbereich der Grundrechte seines Vorgesetzten oder anderer Kollegen eingreife, ohne dass dies aufgrund von überwiegenden Interessen des Arbeitnehmers gerechtfertigt sei.
Tipp! Genehmigung einholen: Möchten Sie mal ein Gespräch unbedingt aufzeichnen, dann holen Sie sich die Genehmigung dazu von Ihrem Gesprächspartner ein. Damit sind Sie auf der datenschutzsicheren Seite!
Bei der heimlichen Aufzeichnung des vertraulichen Personalgesprächs auf dem Smartphone und der anschließenden Verwendung dieser Aufnahme im Prozess handle es sich um eine so schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht, dass sowohl eine ordentliche als auch eine außerordentliche Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung möglich sei. Gründe, die das Verhalten der Arbeitnehmerin rechtfertigen könnten, waren nach Meinung der Richter nicht erkennbar.
Ein BEM ohne Datenschutzhinweis ist kein BEM. Allerdings ist Datenschutz keine Einbahnstraße, sprich: Datenschutz ist nicht nur für den Dienstherrn verpflichtend, sondern auch für den Mitarbeiter. Tonbandaufnahmen ohne vorherige Genehmigung wie im hier vorgestellten Fall sind folglich absolut tabu!
Datenschutz hat also immer oberste Priorität und gilt für Beschäftigte wie auch für den Arbeitgeber. Gerade beim BEM sollte hier auf viele Punkte geachtet werden. Auf welche genau, entnehmen Sie der Übersicht. Gehen Sie diese einfach Punkt für Punkt durch, dann vergessen Sie nichts.
Einwilligung
Besondere Zweckbindung
Technische und organisatorische Maßnahmen
Widerspruchsrecht
Aufbewahrungsfrist