Das Gesetz definiert
sexuelle Belästigungen als jedes vorsätzliche sexuell bestimmte Verhalten, das die Würde von
Arbeitnehmern am Arbeitsplatz verletzt. Nach dem Gesetz gehören dazu vor allem sexuelle Handlungen und Verhaltensweisen, die nach den strafgesetzlichen Vorschriften unter Strafe gestellt sind, sowie sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen und sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sowie Zeigen und sichtbares Anbringen von pornografischen Darstellungen, die von den Betroffenen erkennbar abgelehnt werden.
So reden Sie mit
Als
Betriebsrat haben Sie ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der Ordnung des Betriebs (§ 87 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG). Sie können deshalb mitbestimmen, unter welchen Voraussetzungen Ihr
Arbeitgeber sexuelle Belästigungen im Betrieb ahnden kann oder muss, beispielsweise wann eine
Abmahnung ausgesprochen werden kann oder eine Betriebsbuße verhängt werden darf. Außerdem ist es Ihre Aufgabe als
Betriebsrat, darüber zu wachen, dass Ihr
Arbeitgeber geeignete, also auch vorbeugende, Maßnahmen ergreift, die Ihre Kollegen und Sie vor
sexueller Belästigung schützen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Sie können entsprechende Vorschläge machen (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG).
Außerdem sind Sie als
Betriebsrat zu beteiligen, wenn sich eine Beschäftigte bzw. ein Beschäftigter
sexuell belästigt fühlt und von seinem Beschwerderecht Gebrauch macht. In einem solchen Fall sind Sie gehalten, sich ein eigenes Bild von der Angelegenheit zu machen. Sind Sie der Meinung, dass die Beschwerde berechtigt ist, müssen Sie Ihren
Arbeitgeber umgehend auffordern, Abhilfe zu schaffen.
Erfahren Sie als Betriebsrat von sexuellen Belästigungen, schalten Sie sich am besten sofort ein. Und zwar unabhängig davon, ob es zu einer offiziellen Beschwerde gekommen ist oder nicht. Denn liegen Ihrem Arbeitgeber erst einmal Beschwerden nach § 13 AGG vor oder müssen Sie als Betriebsrat sich offiziell mit einer Beschwerde nach § 85 BetrVG befassen, ist eine gütliche Einigung schwierig. Dann geht es den Betroffenen manchmal nur noch darum, das Gesicht zu wahren.
Versuchen Sie, in solchen Fällen ein klärendes Gespräch mit allen Beteiligten einzuberufen. Falls es nicht dazu kommt oder ein Gespräch nicht Erfolg versprechend endet, raten Sie der betroffenen Kollegin (bzw. dem betroffenen Kollegen), von einem Anwalt prüfen zu lassen, ob eine Klage zur Verbesserung der Lage führt. Erinnern Sie sie auch an die hinsichtlich der Ansprüche aus dem
AGG geltende 2-monatige Frist.
Diese Pflichten treffen Ihren Arbeitgeber
Der Schutz Ihrer Kollegen vor
sexuellen Belästigungen ist vor allem Aufgabe Ihres
Arbeitgebers. Er ist verpflichtet, die erforder- lichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen zu treffen (§ 12 AGG). Er muss Sie und Ihre Kollegen vor
sexuellen Belästigungen jeglicher Art schützen. Zudem muss er vorbeugende Maßnahmen treffen. Dazu gehört auch, dass das AGG im Betrieb bekannt gemacht wird. Er muss Ihre Kollegen außerdem darauf hinweisen, bei welcher betrieblichen Stelle (in der Regel Beschwerdestelle) sie sich im Fall eines Falles beschweren können.
Kommt es tatsächlich zu Belästigungen, muss Ihr
Arbeitgeber umgehend geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Belästigungen abzustellen. Doch
sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz stellen stets eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflicht dar. Welche Maßnahmen Ihr
Arbeitgeber konkret ergreifen muss, hängt von den jeweiligen Belästigungen ab. In Betracht kommt z. B. eine
Abmahnung oder
Kündigung, aber auch eine Umsetzung bzw. Versetzung. Die Auswahl der jeweiligen arbeitsrechtlichen Maßnahme richtet sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das ermöglicht es, der Schwere der
sexuellen Belästigung Rechnung zu tragen und für aus- reichenden Schutz des Opfers zu sorgen.
Wenn Ihr Arbeitgeber nicht eingreift
Ergreift Ihr
Arbeitgeber auf die Beschwerde über eine
sexuelle Belästigung hin keine geeigneten Maßnahmen zur Unterbindung, kann eine belästigte Kollegin ihre Arbeit zudem einstellen (§ 14
AGG). Und zwar ohne dass Ihr
Arbeitgeber den Lohn kürzen darf. Dieses Leistungsverweigerungsrecht gilt allerdings nur in sehr engen Grenzen. Es betrifft nur die unmittelbare Tätigkeit am Ort der unmittelbaren Belästigung. Es bezieht sich also nicht auf den gesamten Betrieb. Diese Regelung ist wegen ihrer Unklarheit durchaus problematisch. Empfehlen Sie Ihren Kollegen deshalb, sich eher mit einer Beschwerde nach §§ 84, 85 BetrVG an Sie zu wenden.
Ein belästigter Kollege kann außerdem verlangen, dass die Diskriminierung beendet wird. Befürchtet er weitere Beeinträchtigungen, kann er auch auf Unterlassung der Benachteiligung beim Arbeitsgericht klagen.
Sonderfall: sexuelle Belästigung durch Dritte
Auch das ereignet sich immer wieder: Eine Kollegin bzw. ein Kollege wird von einem Externen, z. B. einem Lieferanten, Kunden oder Gast Ihres Betriebs, belästigt. In einem solchen Fall ist Ihr
Arbeitgeber verpflichtet, sich schützend vor Ihre Kollegin / Ihren Kollegen zu stellen. Er muss alles dafür tun, dass die Belästigungen abgestellt werden. Notfalls muss er sogar die vertraglichen Beziehungen zu dem jeweiligen Geschäftspartner abbrechen.