15.10.2019

Psychische Belastung am Arbeitsplatz – Darauf sollten Sie als Arbeitgeber achten!

Die Arbeitswelt von Millionen von Angestellten in Deutschland hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Flexibilität, die immer schneller voranschreitende Digitalisierung und ein intensiver, internationaler Konkurrenz- und Kostendruck durch die Globalisierung sind Faktoren, auf die sich Unternehmen aller Größenordnungen und jeder Arbeitnehmer einstellen müssen. Dies gelingt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterschiedlich gut. Während einige Menschen flexibel und wandelbar sind und sich neuen Situationen und Rahmenbedingungen schnell anpassen können, stellt dies für andere Personen oftmals hohe Hürden dar.

Eine höhere Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern berichtet in diesem Zusammenhang über Stress, eine zu hohe Belastung am Arbeitsplatz oder einen hohen Leistungsdruck. Die Modifizierung von Arbeitsbedingungen und die Digitalisierung können nachweislich zu individueller, psychischer Belastung führen. Arbeitgeber haben in diesem Spannungsfeld eine hohe Verantwortung und Fürsorgepflicht für Ihre Belegschaft. Aus diesem Grund sind Unternehmen verpflichtet, die Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes zu beachten und durch eine ordnungsgemäße Gefährdungsbeurteilung die psychische Belastung am Arbeitsplatz zu minimieren.

Fragen zur Gefährdungsbeurteilung, die sich jedes Unternehmen umfassend beantworten sollte

  • Welche gesetzlichen Regelungen sollten Arbeitgeber in Bezug auf eine Gefährdungsbeurteilung der Mitarbeiter kennen und anwenden?
  • Welche sinnvollen Handlungsschritte sollten Unternehmen einhalten, um die gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf die Gefährdungsbeurteilung professionell umzusetzen?
  • Was sind die Folgen einer fehlerhaften Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitgeber?

Psychische Erkrankungen durch Stress am Arbeitsplatz nehmen nachweislich zu

Der BKK Gesundheitsreport berichtet über jährlich steigende Fallzahlen psychischer Erkrankungen und daraus resultierender Arbeitsunfähigkeit. Wie im Portal für „psychische Gesundheit am Arbeitsplatz“ unter psyga.info zu lesen war, „wächst der relative Anteil psychischer Erkrankungen die zu Arbeitsunfähigkeiten führten, fortlaufend.“ Folgende Fakten des BKK Gesundheitsreports unterstreichen dies:

  • Die psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit steigt in den letzten 40 Jahren von 2 % auf 16,6 %.
  • Eine Verfünffachung der Krankheitstage durch psychische Krankheiten kann festgestellt werden.
  • Psychische Erkrankungen sind heute die zweithäufigste Diagnosegruppe bei Krankschreibungen und Arbeitsunfähigkeit.
  • Die durchschnittliche Dauer psychisch bedingter Krankheitsfälle ist mit 38,9 Tagen mehr als dreimal so hoch wie bei anderen Erkrankungen mit 13,2 Tagen im Durchschnitt.
  • In den letzten 22 Jahren stieg der Anteil von Personen, die aufgrund seelischer Leiden frühzeitig in Rente gingen, von 18,6 auf 43 Prozent.

Die Kosten für Frühverrentung, Arbeitsunfähigkeit und aufgrund von Folgeerkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Schlaganfällen belaufen sich in Deutschland auf eine hohe zweistellige Milliardensumme. Um diesem eindeutigen Trend entgegenzuwirken, die Beschäftigten nachhaltig zu schützen und Unternehmen vor hohen und vermeidbaren Kosten zu bewahren, wurden vom Gesetzgeber umfangreiche gesetzliche Vorgaben beschlossen, die vor allem im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) festgehalten sind.

Welche gesetzlichen Regelungen sollten Arbeitgeber in Bezug auf eine Gefährdungsbeurteilung der Mitarbeiter kennen und anwenden?

Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), dass die EU-Richtlinie für Arbeitsschutz in Deutschland umsetzt, beschreibt grundlegend die Fürsorgepflicht von Arbeitgebern. Es dient gemäß § 1 ArbSchG dazu, „Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern.“ Explizit spricht der Gesetzgeber im § 4 ArbSchG ebenso die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer an, wenn das Gesetz ausführt: „Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit so gut wie möglich vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird.“

Psychische Belastung am Arbeitsplatz: Beurteilung von Arbeitsbedingungen

Um die in § 4 ArbSchG geforderte Gefährdung der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz zu minimieren, verpflichtet das Gesetz im § 5 ArbSchG Arbeitgeber, die Arbeitsbedingungen im Betrieb sorgfältig zu ermitteln. Gleichzeitig beschreibt der Gesetzgeber die Verpflichtung, individuell zu beurteilen, welche Maßnahmen erforderlich sind, um Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Die Beurteilung von Arbeitsbedingungen bezieht sich nicht ausschließlich auf die psychische Gesundheit der Mitarbeiter. Darüber hinaus steht der Arbeitgeber in der Pflicht, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes oder beim Einsatz von Arbeitsmitteln zu überprüfen. Hiervon sind nicht nur Großbetriebe, sondern Unternehmen jeder Größenordnung betroffen. Das Arbeitsschutzgesetz beschreibt somit sehr präzise die Fürsorgepflicht eines Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten.

Woran Sie erkennen, dass Ihre Mitarbeiter an psychischer Belastung am Arbeitsplatz leiden?

Für Arbeitgeber und Führungskräfte ist es kein leichtes Unterfangen, auf den ersten Blick zu erkennen, dass Mitarbeiter eine psychische Belastung am Arbeitsplatz verspüren, die sich im Verlauf in einer Erkrankung manifestieren kann. Dies liegt vor allem daran, dass vor allem zielstrebige und verlässliche Mitarbeiter die höchste Prävalenz für Burn-out oder rezidivierende Depressionen haben. Aufgrund ihrer professionellen Arbeitseinstellung und ihrer zielorientierten Persönlichkeit sind solche Mitarbeiter bemüht, ihre Aufgaben und Ziele trotz hoher Belastung zu erreichen. Sie kompensieren die Belastung in diesem Fall dahingehend, dass sie Freizeit, Familien und Freunde stärker vernachlässigen und sich sozial zurückziehen.

Mögliche Symptome, die bei Burn-out und Depressionspatienten regelmäßig festgestellt werden:

  • Anhaltende Müdigkeit und Erschöpfung.
  • Nachlassende Leistungsfähigkeit oder kurzfristige Terminabsagen.
  • Negative Grundeinstellung zu betrieblichen Neuerungen.
  • Rückzug und Kommunikationsdefizit.
  • Häufige, kurzfristige Krankheitsphase durch Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, deren Ursache in der Regel somatisch ist.

Führungskräfte haben im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht eine besondere Verantwortung, „zwischen den Zeilen zu lesen“ und zu erkennen, ob Mitarbeiter Tendenzen aufweisen, die auf eine psychische Belastung am Arbeitsplatz schließen lassen. Ist dies der Fall, sollten Führungskräfte proaktiv das offene, vertrauliche und persönliche Gespräch suchen und auf Empathie und eine nutzenorientierte Kommunikation achten. In vielen Fällen helfen bereits kleine Veränderungen und Verständnis des Vorgesetzen Mitarbeitern, ihre Herausforderungen und Probleme anzugehen oder ärztliche Hilfe zu suchen. Durch dieses Vorgehen kann dem Mitarbeiter wirksam geholfen werden. Darüber hinaus können längere Krankheitsphasen vermieden werden.

Psychische Belastung am Arbeitsplatz: Was die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers einschließt

Die Fürsorgepflicht gegenüber einem Beschäftigten ergibt sich vor allem aus den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Im § 618 wird unter anderem bestimmt, dass „der Dienstberechtigte (Arbeitgeber) verpflichtet ist, Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten, dass der Verpflichtete (Arbeitnehmer) gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.

Im § 242 BGB wird zusätzlich ausgeführt, dass ein Arbeitgeber verpflichtet ist, sich „nach Treu und Glauben“ zu verhalten. Dies schließt im weitesten Sinne auch ein, auf die gesundheitliche Unversehrtheit von Mitarbeitern am Arbeitsplatz zu achten und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um dies zu jeder Zeit sicherzustellen.

Was eine Gefährdungsanalyse am Arbeitsplatz beinhaltet

Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Arbeitgeber dazu, in einer Gefährdungsbeurteilung auch die psychischen Belastungen einzuschätzen. Um dies korrekt und professionell vornehmen zu können, bedarf es eines nachvollziehbaren internen Prozesses. Die Gefährdungsbeurteilung, die Sie gemäß § 6 ArbSchG schriftlich fixieren müssen, sollten unter anderem die folgenden Punkte beinhalten:

  • Beurteilung und Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung
  • Festlegung daraus resultierender Maßnahmen zum Arbeitsschutz (Termine, Verantwortlichkeiten).
  • Informationen zur Durchführung und Wirksamkeit der Maßnahmen

Checkliste: Was Sie tun müssen, um die Anforderungen des Arbeitsschutzgesetzes einzuhalten

Eine Gefährdungsbeurteilung sollte systematisch und kontinuierlich nach den folgenden Handlungsschritten durchgeführt werden. Ähnliche oder gleichwertige Tätigkeiten können zusammengefasst betrachtet werden, so dass nicht jeder Arbeitsplatz eigenständig begutachtet und analysiert werden muss.

Phasen

Arbeitsschritte

Analysephase

Systematische Ermittlung möglicher Gefahren für die psychische Gesundheit der Mitarbeiter

Beurteilungsphase

Gefährdungsbeurteilung anhand von gesammelten Daten, Mitarbeiterbefragungen und Informationen von Vorgesetzten

Risikoabschätzung, ob sich nachweislich Gefahren für Mitarbeiter ergeben. Ist dies der Fall, müssen geeignete Schritte eingeleitet werden.

Zielsetzungsphase

Welcher Zustand muss aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen und aufgrund der Fürsorgepflicht angestrebt werden.

Wie können Veränderungen im Arbeitsablauf das Employer Branding positiv beeinflussen?

Lösungsphase

Welche innerbetrieblichen Lösungsansätze gibt es zur Abwehr von Gefahren?

Welche Maßnahmen sind zielführend und bestmöglich geeignet?

Implementierungsphase

Umsetzen der Lösungsvorschläge im Unternehmen durch verantwortliche Führungskräfte auf Basis von § 4 ArbSchG. Fortlaufende Dokumentation der Ergebnisse auf Basis von § 6 ArbSchG. Es sind die folgenden Punkte zu dokumentieren:

Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung

Maßnahmen und Zeitraum der Umsetzung

Ergebnisse der Maßnahmenkontrolle

Maßnahmenkontrolle

Turnusgemäße Kontrolle der Ergebnisse der Maßnahmen. Ggf. Umsetzung neuer Punkte bei Auffallen neuer Gefährdungslagen

Wichtig: In der Analysephase müssen im ersten Schritt die Tätigkeitsfelder für eine Gefährdungsbeurteilung erarbeitet werden. Mit Inkrafttreten des neuen Mutterschutzgesetzes zum 01.01.2018 besteht hierbei für Unternehmen keine Wahlfreiheit mehr. Der § 10 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) bestimmt seither, dass jede Tätigkeit einer generellen Gefährdungsbeurteilung unterzogen werden muss.  Aus Sicht des Gesetzgebers ist es unerheblich, ob derzeit ein Mann oder eine Frau auf dem Arbeitsplatz beschäftigt ist.

Das novellierte Mutterschutzgesetz impliziert, dass jede Position, zusätzlich zu anderen Belastungen darauf zu überprüfen ist, welchen Gesundheitsgefahren eine schwangere oder stillende Frau ausgesetzt sein könnte. Im gleichen Schritt sollte gleichzeitig die psychische Gefährdungsbeurteilung erfolgen.

Beispiel einer zielgerichteten Gefährdungsbeurteilung

Im Rahmen der allgemeinen Gefährdungsbeurteilung überprüfen Sie die Tätigkeit der Außendienstmitarbeiter in Ihrem Unternehmen. Dies scheint besonders wichtig, da einer der Mitarbeiter im Vertrieb im letzten Jahr an einem Burn-out erkrankte und in Folge dessen langfristig ausfiel. Analog zur oben genannten Tabelle überprüfen Sie aus diesem Grund die Tätigkeit der Angestellten im Außendienst:

Phasen

Arbeitsschritte

Analysephase

Mögliche Gefahren für die psychische Gesundheit:

Zu lange Arbeits- und Reisezeiten aufgrund großflächiger Vertriebsgebiete und umfangreicher administrativer Vorgaben

Zu hohe Flexibilität

Hohe Umsatzvorgaben implizieren Stress, weniger Ruhephasen und eine insgesamt hohe Arbeitsbelastung

Beurteilungsphase

Die ausgewerteten Arbeitszeitdaten ergeben im Mittel eine zu hohe Arbeitszeit bei den Außendienstmitarbeitern. Hinzu kommt, dass Zeiten für die Administration offiziell nicht als Arbeitszeit gelten

Die ausgewerteten Fragebögen einer internen Umfrage belegen, dass sich viele Außendienstmitarbeiter mehr bezahlte Vorbereitungszeit und einen geringeren Besuchsschnitt wünschen. Stress wird als Hauptgrund für psychische Belastung angeführt. Führungskräfte argumentieren ähnlich

Zielsetzungsphase

Einhaltung aller gesetzlichen Arbeitszeitvorschriften

Weniger Krankheitstage im Umfeld der Außendienstmitarbeiter durch mehr Zeit für Vorbereitung und Administration

Lösungsphase

Idee 1: Zwei bezahlte Bürotage pro Monat zur Vorbereitung und Nachbereitung der Kundenbesuche

Idee 2: Implementierung eines modernen CRM-Systems mit Tablet-Anbindung zur sofortigen Eingabe von Kundendaten ins System

Idee 3: Herabsetzen des Besuchsschnitts von 6 auf 5 Besuche im Durchschnitt pro Tag

Idee 4: Regelung, dass jeder Außendienstler mindestens 25 Urlaubstage pro Jahr nehmen muss.

Implementierungsphase

Umsetzen der Lösungsvorschläge 1 und 2 im Unternehmen. Ausrollen der Maßnahmen durch die Führungskräfte und halbjährliche Erfolgskontrolle aller messbaren Parameter: Krankenstatistik anonymisiert, Übersicht Bürotage, Übersicht Besuchsschnitt, Stand der Einführung eines neuen CRM-Systems.

Maßnahmenkontrolle

Regelmäßiger Abgleich der Ergebnisse im halbjährlichen Rhythmus

Wie Sie authentische und glaubwürdige Informationen ermitteln

Um eine umfassende und nachvollziehbare Einschätzung möglicher Gefährdungen am Arbeitsplatz vorzunehmen, ist es zielführend, alle zur Verfügung stehenden Informationen über die Tätigkeitsanforderungen mit einzubeziehen. Hierbei sollte intensiv geprüft werden, welcher Belastung ein Mitarbeiter in Bezug auf die Arbeitszeit, Arbeitsintensität, Flexibilität und die Arbeitsplatzbedingungen ausgesetzt ist. Neben Informationen von Führungskräften und Auswertungen der tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten und Überstunden ist es sinnvoll die Angestellten zu befragen und in diesem Fall Informationen aus erster Hand zu ermitteln.

Hierfür eigenen sich unter anderem Mitarbeiterbefragungen oder auch Workshops. Um konkrete und ungeschönte Ergebnisse zu erzielen, sollten Unternehmen darauf achten, dass Schulungskurse zur Minimierung psychischer Belastung oder Umfragen im besten Fall von externen Beratern oder spezialisierten Instituten durchgeführt werden. Gehen Betriebe in dieser Weise vor, ist es wahrscheinlicher, dass die befragten Beschäftigten ein echtes Stimmungsbild über ihre psychische Arbeitsbelastung weitergeben. Dies unterstützt Führungskräfte und die Personalabteilung dahingehend, verlässliche Rückschlüsse aus den Antworten zu ziehen und nachhaltige Handlungsempfehlungen zu entwickeln.

Konsequenzen bei fehlerhafter oder nicht erfolgter Gefährdungsbeurteilung

Die Gefährdungsbeurteilung der spezifischen psychischen Belastungen von Beschäftigten am Arbeitsplatz kann als eine der wichtigsten gesetzlichen Pflichten des Arbeitgebers beschrieben werden. Jeder Unternehmen ist aus diesem Grund angehalten, seiner Fürsorgepflicht nachzukommen und regelmäßig und proaktiv die Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen. Bei Auffälligkeiten ist es zielführend, umgehend geeignete Schutzmaßnahmen zu implementieren. Es liegt auf der Hand, dass dies zunächst viel Zeit und die Arbeitskraft von Führungskräften und Mitarbeitern der Personalabteilung bindet. Auf lange Sicht zahlt sich ein solches Vorgehen jedoch in mehrfacher Hinsicht aus:

  • Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und Richtlinien zum Arbeitsschutz
  • Nachhaltiger Schutz der Belegschaft sowie Vorbeugung längerfristiger Krankheitsphasen
  • Gezielte Maßnahmen verbessern die Arbeitsatmosphäre im Betrieb und das Employer Branding

Kommen Unternehmen ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht in ausreichender Weise nach, kann der Betriebsrat von seinem Initiativrecht Gebrauch machen. Auf Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes kann der Betriebsrat die Gefährdungsbeurteilung anmahnen und erzwingen.

Darüber hinaus kommen weitere Konsequenzen in Betracht. Der § 618 BGB beschreibt unter anderem, dass Arbeitgeber im Sinne der § 842 BGB bis § 844 BGB zu Schadenersatz verpflichtet sind, wenn Personen aufgrund einer unzureichenden Gefährdungsbeurteilung verletzt werden. Dies gilt ebenso für eine Erkrankung der psychischen Gesundheit, die auf eine innerbetriebliche Belastung zurückgeführt werden kann. Selbst wenn in der Regel die Berufsgenossenschaft haftet, stellt eine Nichteinhaltung der Vorgaben für den Arbeitsschutz eine Ordnungswidrigkeit dar. § 25 ArbSchG schreibt hierfür Geldbußen zwischen 5.000 und 25.000 Euro fest.

Neben dem finanziellen Aspekt ist es für moderne, mitarbeiterzentrierte Unternehmen ebenso vor dem Hintergrund des fortschreitenden Fachkräftemangels entscheidend, Belastungen am Arbeitsplatz zu erkennen und zu minimieren. Da vor allem leistungsstarke und zielstrebige Angestellte psychische Belastung verspüren und in letzter Konsequenz ein langfristiger Ausfall droht, sollte alles getan werden, um diese Angestellten effektiv zu schützen. Legen Unternehmen ihren Schwerpunkt anders, mag es große Schwierigkeiten bereiten, die Aufgaben der Position während einer langfristigen Krankheitsphase innerbetrieblich zu verteilen oder einen neuen Mitarbeiter einzustellen.

Proaktive Maßnahmen, die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz frühzeitig entgegenwirken, haben gleichzeitig einen positiven Einfluss auf das Unternehmensimage und das Employer Branding.

Zusammenfassung und Fazit zur psychischen Belastung am Arbeitsplatz

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz haben in den letzten Jahren nachweisbar zugenommen. Die Gründe hierfür können in der Globalisierung und der zunehmenden Digitalisierung des Arbeitslebens gesucht werden. Die Globalisierung erzeugt in vielen Branchen einen nachhaltigen Kosten- und Zeitdruck und fordert von Unternehmen und deren Mitarbeitern eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Die Fortschritte der Digitalisierung eröffnen ungeahnte Möglichkeiten und einen globalen Wettbewerb. Gleichzeitig implizieren Sie für Mitarbeiter, lebenslang zu lernen und sich schnell und effektiv auf neue Rahmenbedingungen einstellen können.

Welche Möglichkeiten gibt es, um die psychische Belastung am Arbeitsplatz zu verringern?

Moderne Arbeitszeitmodelle, Arbeitnehmerüberlassung und die damit verbundenen Unsicherheiten und die sozialen Medien überfordern nachweislich einzelne Angestellte. Stress, Hektik und eine zu hohe persönliche oder externe Erwartung erhöhen die psychische Belastung weiter. Wird diese Tendenz nicht gestoppt, droht das Abrutschen in rezidivierende Depressionen oder eine Burn-out-Erkrankung.

Die Entwicklung und die Erhöhung der Fallzahlen von beruflich bedingten psychischen Belastungen am Arbeitsplatz führt dazu, dass durch Krankentage und Frühverrentungen Kosten in Milliardenhöhe für Unternehmen und die Sozialversicherungen entstehen. Um diese Entwicklung zu unterbrechen, ist es für Unternehmen entscheidend, die gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes in Bezug auf eine ordnungsgemäße Gefährdungsbeurteilung einzuhalten.

Setzen Unternehmen die gesetzlichen Vorgaben um und implementieren einen stringenten Fahrplan zur Gefährdungsbeurteilung, kommen sie ihrer Fürsorgepflicht nach. Zusätzlich erhalten Sie wichtige Informationen über die Stimmungslage ihrer Mitarbeiter und haben die Möglichkeit, bei Auffälligkeiten gezielte Maßnahmen zu implementierten, die die psychische Belastung der Belegschaft minimieren und die Effizienz steigern.

Redaktion Arbeitsrecht.org

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