01.06.2018

Negative Gesundheitsprognose: Hohe Krankheitsanfälligkeit kann Kündigung rechtfertigen

Einige Kollegen werden schneller krank als andere. Das muss Ihr Arbeitgeber grundsätzlich akzeptieren. Jedoch erreichen diejenige, die sehr häufig arbeitsunfähig krank sind, unter Umständen eine Grenze, die Ihr Arbeitgeber nicht mehr hinnehmen muss. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern hervor.

Kündigung wegen ständiger kurzer Erkrankungen

Der Fall: Eine Arbeitnehmerin war in Teilzeit (mit 30 Stunden pro Woche) bei ihrem Arbeitgeber als Betreuungsassistentin tätig. Sie betreute schwerbehinderte Menschen in einem Pflegeheim. Im Jahr 2014 meldete sie sich an 20 Tagen arbeitsunfähig krank, im Jahr 2015 insgesamt an 88 Tagen und im Jahr 2016 an 51 Tagen. Im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements erklärte sie, dass für die krankheitsbedingten Abwesenheitszeiten unterschiedliche Krankheiten ursächlich seien, die in keinem Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit bei ihrem Arbeitgeber stünden.

Der Arbeitgeber kündigte das Beschäftigungsverhältnis einige Zeit später personenbedingt. Die Kündigung begründete er mit den hohen Kosten der Entgeltfortzahlung und damit, dass die betreuten Bewohner des Pflegeheims Schwierigkeiten mit den vielen Wechseln des Betreuungspersonals hätten. Die Arbeitnehmerin wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage – allerdings ohne Erfolg.

Kündigung wirksam

Die Entscheidung: Das Gericht hielt die Kündigung für wirksam (LAG Mecklenburg-Vorpommern, 28.11.2017, Az. 5 Sa 54/17). Das begründeten die Richter vor allem damit, dass der Arbeitgeber bei den häufigen Kurzerkrankungen eine negative Gesundheitsprognose stellen durfte. Insoweit wiesen die Richter noch darauf hin, dass dies auch gelte, wenn es sich wie hier um unterschiedliche Krankheitsursachen handle und einzelne Krankheiten wie z. B. Erkältungen bereits ausgeheilt seien.

Die häufigen Kurzerkrankungen erlaubten es dem Arbeitgeber, von einer hohen Krankheitsanfälligkeit auszugehen. Diese Annahme hätte die Arbeitnehmerin entkräften können, wenn sie dargelegt hätte, weshalb der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung von einer baldigen Genesung oder aber Reduzierung der Fehlzeiten ausgehen durfte und musste. Das hatte sie jedoch nicht getan.

Negative Gesundheitsprognose? Prüfen Sie als Betriebsrat, ob die Voraussetzungen vorliegen

Als Betriebsrat sind Sie bei jeder Kündigung, also auch bei einer personenbedingten, anzuhören, § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Eine krankheitsbedingte Kündigung ist für Ihren Arbeitgeber grundsätzlich schwer durchzusetzen. Die Gerichte haben hohe Hürden aufgestellt. Prüfen Sie im Rahmen Ihrer Anhörung, ob Ihr Arbeitgeber diese einhält.

Checkliste: Personenbedingte Kündigung

1. Persönliche Daten
Name, Alter, Betriebszugehörigkeit seit dem …, Familienstand, Unterhaltsverpflichtungen (Ehegatte, Kinder) Ausgeübte Tätigkeit, Abteilung, Arbeitsvertrag vom …, Tarifbindung

2. Kündigungsbedingungen
Vertragliche , tarifliche oder gesetzliche Frist, Kündigung möglich zum …

3. Besondere Kündigungsvorschriften
Schwerbehinderung (Zustimmung des Integrationsamts)
Mutterschutz, Elternzeit (Zustimmung der für Arbeitsschutz zuständigen Behörde – meist Gewerbeaufsichtsamt) Betriebsratsmitglied, Auszubildender

4. Voraussetzungen der personenbedingten Kündigung
Kündigungsgrund: häufige Kurzerkrankungen, lange Krankheit, Entzug der Arbeitserlaubnis, fehlende Qualifikation
Bei krankheitsbedingter Kündigung: Arbeitnehmer krank seit …, voraussichtliche Dauer, Prognose, betriebliche Auswirkungen, Vertretungsmöglichkeiten, Änderungskündigung, Umschulung/Weiterbildung

5. Betriebsrat
Anhörung am …, umfassende Information über die Einzelheiten Ablauf der Anhörungsfrist am …
Stellungnahme vom … kommt zum Ergebnis

6. Kündigung
Schreiben vom …, zugestellt am … durch …, Ablauf der Frist der Kündigungsschutzklage am …

7. Arbeitnehmer
Information über das Ergebnis der Stellungnahme, vor allem über einen Widerspruch und die Möglichkeit, vorläufige Weiterbeschäftigung (§ 102 Abs. 5 BetrVG) zu beantragen

Können Sie alle Punkte als erledigt abhaken, haben Sie alle notwendigen Informationen erhalten.

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