17.04.2018

Kleiderordnung: Wann Umkleidezeiten zur Arbeitszeit zählen

In vielen Betrieben gibt es klare Vorschriften zur Dienstkleidung. Diese sind nicht immer angenehm für die Arbeitnehmer. Deshalb geben viele Arbeitgeber ihren Beschäftigten die Möglichkeit, die Dienstkleidung erst am Arbeitsplatz zu wechseln. In diesem Fall ist allerdings Streit programmiert. Und zwar über die Frage: Zählen die Umkleidezeiten zur Arbeitszeit oder nicht? Dieses Thema hat in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung jetzt auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) beschäftigt.

 

Der Fall: Der Arbeitnehmer, ein Krankenpfleger, war seit Beginn der 1980er Jahre bei seinem Arbeitgeber, einer Krankenhausgesellschaft, beschäftigt. Seit dem Jahr 1995 galt dort eine „Dienstvereinbarung über das Tragen von Dienst- und Schutzkleidung im Krankenhaus“. Diese verpflichtet den Arbeitnehmer, die Dienstkleidung während der Arbeitszeit zu tragen.

Dieser Pflicht kam der Beschäftigte stets nach. Sein Arbeitgeber vergütete ihm die für das Umziehen aufgewendeten Zeiten jedoch nicht. Das missfiel dem Arbeitnehmer. Er verlangte deshalb von seinem Arbeitgeber die Vergütung der Umkleidezeiten. Dieser weigerte sich zu zahlen. Deshalb zog der Arbeitnehmer vor Gericht. Dort verlangte er die Vergütung von Überstunden.

Sein Begehren erklärte er damit, dass er zwischen Februar 2013 und April 2014 an 100 Arbeitstagen jeweils im Durchschnitt 12 Minuten gebraucht habe, um die Dienstkleidung an- und auszuziehen. Dazu zu rechnen seien die Wegezeiten, die dadurch entstanden seien, dass er von der Umkleide zur Station habe laufen müssen. Konkret verlangte der Arbeitnehmer rund 464 € brutto. Zur Begründung trug er vor, dass diese Kosten nur entstanden seien, weil es ihm verboten sei, die Dienstkleidung bereits zu Hause anzulegen und auf dem Weg zur Arbeit zu tragen.

Umkleidezeit ist auch Arbeitszeit

Die Entscheidung: Die Argumente des Arbeitgebers überzeugten das Gericht nicht. Der Arbeitnehmer hatte Erfolg mit seiner Klage. Die Richter entschieden, dass es sich bei den Umkleide- und Wegezeiten des Arbeitnehmers um vergütungspflichtige Arbeitszeit handle (BAG, 6.9.2017, Az. 5 AZR 382/16).

Das begründeten die Richter damit, dass das An- und Ablegen einer besonders auffälligen Dienstkleidung zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zähle. Schließlich haben Arbeitnehmer grundsätzlich kein Interesse daran, ihre berufliche Tätigkeit in der Öffentlichkeit zu offenbaren. Das müssen sie auch nicht. Die von Krankenpflegern getragene weiße Dienstkleidung sei auffällig, da sie sofort mit Tätigkeiten in der Pflege oder Altenpflege in Verbindung gebracht werde.

So handeln Sie richtig

Als Betriebsrat reden Sie mit, wenn Ihr Arbeitgeber in der Firma eine Kleiderordnung einführen möchte. Denn dabei geht es nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz um eine Frage der Ordnung und des Verhaltens Ihrer Kollegen im Betrieb.
Bevor Sie mit Ihrem Arbeitgeber in der Firma aber eine Betriebsvereinbarung verhandeln bzw. schließen, sollten Sie zunächst klären, ob Ihr Arbeitgeber Ihren Kollegen überhaupt das Tragen einer bestimmten Kleidung verordnen darf. Eine Kleiderordnung kann er nämlich nur durchsetzen, wenn die beiden folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

Checkliste: Voraussetzungen für Kleiderordnung

  1. Ist sichergestellt, dass die Kleiderordnung bzw. die Vorschrift über das Erscheinungsbild Ihres Kollegen nicht gegen sein Persönlichkeitsrecht verstößt, weil er nicht mehr selbstbestimmt handeln kann?
  2. Hat Ihr Arbeitgeber Sie als Betriebsrat vor dem Erlass der Kleidervorschrift ordnungsgemäß beteiligt?

Diesen Voraussetzungen können Sie bereits entnehmen, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen und Ihren Kollegen keine zu einschneidenden Vorschriften über das Aussehen und die getragene Kleidung machen darf. Etwas anderes gilt nur, wenn betriebliche Interessen betroffen sind. Das ist z. B. der Fall, wenn durch das Tragen einer Uniform erkennbar sein soll, wer zu einem Unternehmen bzw. einer Berufsgruppe gehört. Auch aus Gründen der Arbeitssicherheit und der Hygiene kann eine Dienstkleidung „verordnet“ werden, so z. B. bei Krankenpflegern und Ärzten.

Fazit

Muss ein Arbeitnehmer eine auffällige Dienstkleidung tragen, darf er diese im Betrieb an- und ablegen. Die dafür aufgewendete Zeit ist ihm dann zu vergüten.

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