Die Belästigung aufgrund des Geschlechts – also weil jemand Frau oder Mann ist – ist ein noch wenig behandeltes Thema. Trotzdem: Eine Belästigung ist der unmittelbaren Diskriminierung recht ähnlich. Wo die Unterschiede liegen und was Sie zu beachten haben, lesen Sie in diesem Beitrag.
Belästigungen: schikanöse Handlungen oder auch einzelne Würdeverletzungen. Eine Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 3 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wird wie folgt definiert:
Unter Belästigung versteht man unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem Merkmal gemäß § 1 AGG im Zusammenhang stehen und die bezwecken oder bewirken, dass eine Person in ihrer Würde verletzt wird und ein durch Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
Im Grunde ist mit dem Verbot der Belästigung Mobbing justiziabel geworden, jedenfalls dann, wenn es mit einem Merkmal gemäß § 1 AGG (Geschlecht, Alter, Rasse, Ethnie, sexuelle Orientierung, Behinderung, Weltanschauung, Religion) passiert. Aber die Belästigung geht über ein Mobbing hinaus.
Beim Mobbing ist kennzeichnend, dass es sich um einen lang andauernden Prozess der sogenannten kleinen Nadelstiche und schikanösen Verhaltensweisen handelt – mit dem Ziel der Ausgrenzung.
Eine Mitarbeiterin wird von ihren Kolleginnen gemobbt, da sie sehr erfolgreich ist. Ihr werden Informationen vorenthalten; sie wird zu Treffen der Abteilung nicht eingeladen; wenn sie den Raum betritt, breitet sich Schweigen aus; es wird über sie gelästert. Beim Mittagessen setzen sich die Kolleginnen demonstrativ an einen anderen Tisch. Das Ganze geht über ein halbes Jahr.
Hier liegt der Verdacht des Mobbings nahe. Gründe sind der Neid der Kolleginnen, dass die Betroffene so erfolgreich ist. Und vielleicht auch die Tatsache, dass sie mit ihrem Engagement „die Preise verdirbt“. Bei der Belästigung knüpfen ähnliche schikanöse Verhaltensweisen jedoch an andere Motive an, nämlich an eines der Merkmale des § 1 AGG.
Sie haben als Gleichstellungsbeauftragte durchgesetzt, dass erstmals eine Frau in eine durchgängig männlich besetzte Führungsriege in einem männlich dominierten Bereich aufsteigt. Das hat es bisher in Ihrem Unternehmen noch nicht gegeben. Eigentlich war die Position für einen Kollegen des mittleren Managements vorgesehen. Die Kollegin ist aber so herausragend qualifiziert, dass sie bei der Bewerbung schlicht nicht übergangen werden konnte. Gegen den Widerstand des übrigen Führungskreises erhielt sie die Führungsposition.
Nun wird sie bei Besprechungen unterbrochen, belächelt und ihre Sichtweise als „emotional und typisch weiblich“ herabgewürdigt. Zu informellen Treffen wird sie nicht eingeladen mit dem Hinweis, dies sei nichts für Frauen. Insgesamt wird sie schlicht nicht in die „Männerrunde“ aufgenommen; ihr wird klar signalisiert, dass ihre weiblichen Sichtweisen nicht in die bestehende Führungskultur passen.
Im vorstehenden Fall würde von einer Belästigung im Sinne des AGG auszugehen sein, weil die schikanösen Verhaltensweisen mit dem Geschlecht der Frau in ihrer Führungsposition im Zusammenhang stehen. Es sind Mobbing-ähnliche Verhaltensweisen, die jedoch ihre Ursache in einem der Merkmale des AGG haben.
Aber die Belästigung ist im Gegensatz zu Mobbing nicht nur ein solches prozesshaftes Handeln, sondern kann auch durch eine einzige Verhaltensweise, die würdeverletzend und entwürdigend ist, verwirklicht werden.
Ein Beschäftigter hat in seinem Büro eine Vielzahl frauenverachtender Sprüche aufgehängt. Das fängt bei harmlosen Sprüchen wie „Gender Mainstreaming: größere Parklücken für Frauen“ an und endet in deutlich herabwürdigenden Sprüchen, die Frauen geradezu beleidigen.
Auch diese Handlung – das Anbringen von frauenverachtenden Sprüchen – kann eine Belästigung im Sinne des AGG sein. Hier spielt eine Prozesshaftigkeit keine Rolle, sondern ausschlaggebend ist, dass dies ein unerwünschtes Verhalten ist, das an eines der Merkmale des AGG anknüpft, die Würde von Frauen verletzt und ein von Erniedrigungen bzw. Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld schafft. Sie müssen also bei der Belästigung immer Folgendes prüfen:
Stellen Sie fest, dass ein schikanöses oder würdeverletzendes Verhalten unmittelbar mit dem Geschlecht zusammenhängt, sollten Sie einschreiten und diese Belästigung auch als solche benennen. Eine geschlechtsbezogene Belästigung ist wie die sexuelle Belästigung in keinem Fall zu rechtfertigen.