Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen beantwortet endlich die Frage, ob sich seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Bezug auf das Recht zur Einsichtnahme in die Listen der Bruttolöhne und -gehälter etwas geändert hat. Das hat es nämlich nicht, so das LAG (22.10.2018, Az. 12 TaBV 23/18).
Dieser Beschluss ist zwar für einen Betriebsrat ergangen, die Gründe für die Entscheidung der Richter sind aber entsprechend auf das Personalvertretungsrecht übertragbar.
Ein Betriebsrat hat nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) das Recht auf Einsichtnahme in Listen der Bruttolöhne und -gehälter, um seine Aufgaben aus dem BetrVG erfüllen zu können.
So ausdrücklich wie im BetrVG findet sich im Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) keine Regelung. Deshalb hat bereits vor längerer Zeit das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) über diese Rechtsfrage entschieden und dem Personalrat ein Recht zur Einsichtnahme zugesprochen (16.5.2012, Az. 6 PB 2.12).
Nach der Rechtsprechung des BVerwG rechtfertigt sich das Verlangen der Personalvertretung, Einsicht in Lohn- und Gehaltslisten gewährt zu bekommen, aus den in allen Personalvertretungsgesetzen für sie normierten Aufgaben. Sie muss nämlich darüber wachen, dass alle Angehörigen der Dienststelle nach Recht und Billigkeit behandelt werden und dass der Dienstherr nach den zugunsten der Beschäftigten geltenden Rechtsvorschriften handelt.
Schon damals hatte das Gericht festgestellt, dass
Es ist auch die Vorlage solcher Unterlagen erforderlich, die – wie Lohn- und Gehaltslisten – personenbezogene Daten enthalten. Denn andernfalls könnte der Personalrat die ihm gesetzlich obliegenden Aufgaben überhaupt nicht durchführen.
Die Arbeitgeberin des Falls betrieb mehrere medizinische Einrichtungen, unter anderem ein Gesundheitszentrum. Dort gab es einen Betriebsrat, der die Einsichtnahme in nicht anonymisierte Listen der Bruttolöhne und -gehälter wollte, was die Arbeitgeberin ablehnte. Und so traf man sich vor dem LAG Niedersachsen.
Nach Auffassung der Arbeitgeberin könne der Betriebsrat seine Aufgaben auch erfüllen, wenn er nur anonymisierte Gehaltslisten einsehe. Denn sie habe die Pflicht, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ihrer Arbeitnehmer zu schützen. Der Betriebsrat sei datenschutzrechtlich nur dann ein „Nicht-Dritter“, wenn er im Rahmen der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben agiere.
Das LAG Niedersachsen entschied nun für den Betriebsrat, dass er nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BetrVG das Recht auf Einsichtnahme in nicht anonymisierte Listen der Bruttolöhne und -gehälter habe, um seine Aufgaben aus § 80 Abs. 1 BetrVG erfüllen zu können. Die Dateneinsicht
Der Betriebsrat musste auch kein besonderes Überwachungsbedürfnis darlegen, um eine Einsicht in nicht anonymisierte Listen zu erhalten. Der nötige Aufgabenbezug ist bereits durch seine Rechte und Pflichten aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG gegeben. Es würde seine Überwachungstätigkeit zudem unzumutbar erschweren, erhielte er erst auf Verdachtsanzeige die volle Einsicht in die Listen.
Datenschutzrechtliche Vorschriften stehen dem Recht auf Einsichtnahme des Betriebsrats in die Bruttoentgeltlisten nicht entgegen. Denn er wird bei Einsicht in die Gehaltslisten im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in Ausübung seiner Rechte und Pflichten als Interessenvertretung der Beschäftigten tätig.
Tipp: Bereiten Sie eine mögliche Einsichtnahme vor. Behalten Sie als Personalrat stets im Hinterkopf, dass das Einsichtsrecht nur besteht, soweit es nötig ist, um Ihre Aufgaben zu erfüllen. Deshalb meine Empfehlung: Überlegen Sie sich vor Ihrer Anfrage eine Aufgabe, für die Sie entsprechende Informationen benötigen, um sie erfüllen zu können. Ein Blick in die allgemeinen Aufgaben aus § 68 BPersVG bzw. die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen kann dabei eine große Hilfe für Sie sein.
Die Einsichtnahme in die nicht anonymisierten Gehaltslisten ist mit dem BDSG vereinbar. Bei der Einsichtnahme in die nicht anonymisierten Entgeltlisten durch den Betriebsrat handelt es sich um eine nach § 26 Abs. 1 BDSG zulässige Form der Datennutzung. Nach § 26 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für die Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet und genutzt werden.
Voraussetzung ist allerdings, dass die Daten für eine Entscheidung über die Begründung des Arbeitsverhältnisses bzw. für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich sind. An diesen Grundsätzen hat sich auch durch das Inkrafttreten der DSGVO im Mai 2018 nichts geändert. Schließlich ist die Datenverarbeitung danach rechtmäßig, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist.